KRAFT FÜR NEUBEGINN

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Mosambik muss wieder aufgebaut werden.

An dieser Stelle wissen wir gar nicht, wo wir mit unseren Berichten beginnen sollen. Mosambik ist eines der allerärmsten Länder der Welt, vom Klimawandel auch ohne Katastrophen stärker betroffen als viele andere, und gilt generell als aufstrebendes Entwicklungsland. Bis im März 2019, als die Sturmkatastrophe über die Menschen hereinbrach. Nun ist alles anders. Hunderttausende Menschen sind immer noch von Hilfslieferungen abhängig, der Wiederaufbau der Infrastruktur und Felder geht nur schleppend voran und die selbstständige Versorgung, besonders der Menschen in der Provinz Sofala, unserem Projektgebiet, wird noch dauern.

Dieser Videobeitrag der New York Times entstand am 22.4.2019, hat aber keinesfalls an Aktualität eingebüßt. Die Umstände und Schicksale in Mosambik, vor allem abseits der Städte, gleichen einander in allen Regionen. So auch in der Provinz Sofala, wo Sei So Frei tätig ist.

Fabrizio Graglia
– Leiter Esmabama –

“Die internationale Aufmerksamkeit lässt bereits spürbar nach, für uns bestimmen die Folgen dieser Katastrophe weiterhin jede Minute unseres Alltags. Wir sind erschöpft und müssen Acht geben, dass uns die Kräfte nicht ausgehen.”

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DIE EREIGNISSE IM ÜBERBLICK.

ESMABAMA.

DIE BETROFFENEN.

Seit 18 Jahren arbeiten wir mit der gemeinnützigen Organisation Esmabama zusammen. Sie betreibt seit gut 20 Jahren 4 „Missionsstationen“ in den ärmsten Bezirken im Süden der Provinz Sofala, welche ursprünglich in den 1970ern von Comboni-Missionaren als erste (und bis dato: einzige vergleichbare) Infrastruktur im Busch zur Versorgung der Familien errichtet wurden. In den Stationen gibt es Schulen und Internate für circa 8.000 Schülerinnen und Schüler, sowie Gesundheitszentren, in denen aktuell rund 80.000 Menschen betreut werden. Begleitend werden verschiedene Projekte zu den Themen Bildung (>> „Schule unterm Schattenbaum“), Gesundheit und Hygiene, Landwirtschaft und Geschlechtergleichstellung durchgeführt. Fast 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreuen so rund 350.000 Menschen aus der Region. Auf einer Fläche von 1.000 Hektar werden Kleintiere gehalten und Mais, Reis, Gemüse und Kokosnüsse produziert, um die Ernährung der Jugendlichen und Familien zu garantieren.

Seit 18 Jahren arbeiten wir mit der gemeinnützigen Organisation Esmabama zusammen. Sie betreibt seit gut 20 Jahren 4 „Missionsstationen“ in den ärmsten Bezirken im Süden der Provinz Sofala, welche ursprünglich in den 1970ern von Comboni-Missionaren als erste (und bis dato: einzige vergleichbare) Infrastruktur im Busch zur Versorgung der Familien errichtet wurden. In den Stationen gibt es Schulen und Internate für circa 8.000 Schülerinnen und Schüler, sowie Gesundheitszentren, in denen aktuell rund 80.000 Menschen betreut werden. Begleitend werden verschiedene Projekte zu den Themen Bildung (>> „Schule unterm Schattenbaum“), Gesundheit und Hygiene, Landwirtschaft und Geschlechtergleichstellung durchgeführt. Fast 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreuen so rund 350.000 Menschen aus der Region. Auf einer Fläche von 1.000 Hektar werden Kleintiere gehalten und Mais, Reis, Gemüse und Kokosnüsse produziert, um die Ernährung der Jugendlichen und Familien zu garantieren.

Zur nahezu unbewältigbaren Arbeit, der Grundversorgung der Menschen, den Aufräumungsarbeiten und dem Gesundheitsdienst, kommen der ständige Druck, die emotionale Belastung und die Ohnmacht dazu. Die Zuversicht und Lebensfreude des Teams, mit dem wir schon lange arbeiten, sind verschwunden. An ihre Stelle sind Erschöpfung und Fassungslosigkeit getreten. Wir sind in engem Kontakt mit unseren AnsprechpartnerInnen vor Ort und tiefst betroffen von dieser Tragödie. Wir hören am Telefon von den unfassbaren Herausforderungen und den enormen Strapazen, die diese Ausnahmesituation für sie darstellen.

Fabrizio Graglia / Leiter Esmabama 

„Die Verzweiflung der Menschen, der Druck, aber auch unsere Ohnmacht angesichts dieser Lage bringen uns oft an die Grenzen der Belastbarkeit. Nach so einer Katastrophe in einem Hubschrauber zu sitzen, Menschen an Äste geklammert um Hilfe ringen zu sehen und in diesem Moment nichts für sie tun zu können… Zu wissen, die Menschen in den Dörfern warten auf uns, brauchen uns, doch wir kommen nicht zu ihnen durch, weil die Infrastruktur zerstört ist, alles unter Wasser steht, uns Boote fehlen… Endlich die ersten Hilfslieferungen zu bekommen, aber sofort zu sehen, dass sie nicht für alle ausreichen werden… All das lässt einen hilflos zurück. Es gibt nach wie vor von nichts genug, was die Familien brauchen. Nicht genug Essen, nicht genug Medikamente, nicht genügend Unterkünfte. Die Nachlieferungen laufen schleppend, die Infrastruktur ist noch nicht wiederaufgebaut und immer noch finden wir täglich Leichen. Die internationale Auf- merksamkeit lässt bereits spürbar nach, für uns bestimmen die Folgen dieser Katastrophe weiterhin jede Minute unseres Alltags. Wir sind erschöpft und müssen Acht geben, dass uns die Kräfte nicht ausgehen. Die harte Arbeit, der Wiederaufbau, steht erst bevor.“

Nicht nur die Wunden dieser unvorstellbaren Naturkatastrophe sitzen tief und sind besonders schmerzhaft, sondern auch die Auswirkungen, die noch auf die Bevölkerung zukommen, bereiten uns Sorgen. Die Gefahr von Infektionskrankheiten und Seuchen, die durch Wasser und Mücken übertragen werden, ist noch nicht gebannt und die Gesundheitsversorgung ist noch lange nicht wiederhergestellt. Es wird teilweise Monate dauern, bis es wieder Strom gibt und die wichtigsten Hilfseinrichtungen den Betrieb wieder aufnehmen können. Zudem werden laut UNO 1,5 Millionen Menschen in Mosambik bis April 2020 auf Nahrungsmittellieferungen angwiesen bleiben. Diese Ohnmacht und die tiefe Traurigkeit, die die Tragödie hinterlassen hat, sind die schlimmsten Folgen des Zyklons.

Augusto Mupandunque, Schüler der 10. Klasse in der Missionsstation von Estaquinha

„Als der Zyklon gewütet hat, war ich nicht bei meiner Familie, die in Begage lebt. Am 15. März habe ich mich aufgemacht, um nach meiner Familie zu sehen. Sie wurde in aller Herrgottsfrüh vom Wasser aufgeweckt, das ins Haus kam. Alle sind auf den einzigen Mangobaum geflüchtet, auf dem bereits mehr als 20 Personen saßen. Drei Menschen davon sind vor ihren Augen gestorben. Durch Hunger, Ermüdung, Schlaf oder Panik haben sie es nicht geschafft, sich am Baum festzuhalten. Sie sind hinunter gefallen und wurden von den Wassermassen mitgerissen. Es waren schreckliche Tage.“

DAS IST ZU TUN.

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Bitte helfen Sie uns weiterhin!

Die Menschen in Mosambik sind auf unsere Hilfe angewiesen. Durch unsere unmittelbare Nähe zu den Hilfskräften vor Ort können wir rasch und unbürokratisch helfen. Die Bevölkerung benötigt dringend Lebensmittel und Medikamente.

Sei So Frei investiert die Spendengelder in die Grundversorgung der Notleidenden. Unsere Partnerorganisation Esmabama verteilt Maismehl, Bohnen, Öl und Zucker an die hunderten wartenden Menschen, aber nicht jede Lieferung reicht für alle. Bitte helfen Sie uns weiterhin!

Jeder Beitrag hilft!

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Mit 25 Euro können 7 Personen eine Woche lang mit Lebensmitteln versorgt werden.
Mit 150 Euro wird ein Stromgenerator in einer Gesundheitsstation eine Woche lang betrieben.
360 Euro kostet die wichtigste Versorgung mit Medikamenten gegen Malaria und Cholera für eine Woche in einer Gesundheitseinrichtung.

Der jahrelange Bürgerkrieg machte Mosambik zu einem der allerärmsten Länder der Welt, 2021 belegte es Platz 185 von 191 Ländern im Index der menschlichen Entwicklung. Häufige extreme Wetterereignisse (Dürren, Überschwemmungen, tropische Zyklone) und Überbevölkerung wie auch Epidemien, erschweren das Fortkommen. HIV/Aids betrifft rund 1.5 Millionen Menschen, es ist die häufigste Todesursache im Land. Malaria birgt eine ähnliche Gefahr: Die vergleichsweise wenigen Mücken übertragen beinahe zu 100% Malaria, Mosambik zählt zu jenen vier Ländern mit den höchsten Raten an Malariafällen und Todesfällen weltweit. Dennoch spürt man einen feinen Hauch von Aufschwung. Die extrem hohe Analphabetismusrate sinkt langsam, mittlerweile gehen fast 80% der Kinder zumindest fünf Jahre lang zur Schule, wenn auch vorwiegend in den Städten. Auch die Rate der an Unterernährung leidenden Bevölkerung konnte in den letzten Jahren von über 40 % auf 27 % gesenkt werden. Doch noch immer leiden die Menschen, vor allem in den abgelegenen Regionen, Hunger und Not. // Fläche: 801.590  km2 // Einwohner: ca. 32 Millionen // Amtssprache: Portugiesisch

Dass angesichts so überbordender Armut dennoch so viel Hoffnung zu spüren ist, ist den Menschen zu verdanken. Nach Fluten wird wiederaufgebaut, nach Dürren wird wieder gepflanzt. Aufgeben gibt es nicht. Wobei die Umstände dramatisch sind. Von meist deutlich unter einem Euro pro Tag müssen die Menschen leben. 1,5 Millionen Waisen gibt es in Mosambik und Kinderarbeit ist normal, weil die Familien auf das Geld angewiesen sind, das die Kinder verdienen. Fast 50% der Bevölkerung sind jünger als 15 Jahre, weil Frauen durchschnittlich mehr als vier Kinder bekommen. Es gibt kaum Zugang zu Verhütungsmitteln und nur 6% der Kinder haben eine Geburtsurkunde. Millionen Kinder ohne Dokumente sind Missbrauch, Kinderarbeit, Zwangsverheiratung oder dem Militärdienst ausgesetzt. Dazu kommt, dass nicht einmal jeder zweite Mensch in Mosambik Zugang zu sauberem Trinkwasser hat. Unvorstellbar für uns.

Mosambik ist eine Republik und hat eine schlimme Geschichte. Nach der Unabhängigkeit von Portugal 1975 begann einer der längsten und blutigsten Bürgerkriege Afrikas. Er endete 1992 mit geschätzt einer Million Toten und dem totalen wirtschaftlichen Kollaps des Landes. Die ersten demokratischen Wahlen fanden 1994 statt, bei denen die immer noch herrschende Frelimo-Regierung als Sieger hervorging. Die politische Lage ist nun weitgehend stabil, auch wenn immer wieder Fälle schwerer Menschenrechtsverletzungen gemeldet werden. Die Pressefreiheit ist stark eingeschränkt und gesellschaftliche Probleme wie häusliche Gewalt, Diskriminierung und Missbrauch von Frauen, Ausbeutung, Zwangsarbeit und die hohe Aids-Rate fordern das Land zusätzlich.

Das wirtschaftliche Wachstum, das Mosambik zugestanden wird, gilt nur für Wenige. Der allergrößte Teil der Bevölkerung ist kaum in der Lage, sich ein differenziertes Bild über das eigene Leben zu machen. Zu groß ist die Armut, der Hunger, zu viele Kinder werden geboren und sollen überleben. Mosambik unternimmt jedoch große Anstrengungen, um Kindern Schulunterricht zu ermöglichen, was zu teilweise irrwitzigen Klassengrößen führt. Themen wie Umweltschutz, Grundrechte und Menschenrechte stehen kaum irgendwo im Mittelpunkt. Der Weg zu einem würdigen, selbstbestimmten und freien Leben ist in Mosambik noch recht weit.