ZUM LERNEN IST ES

NIE ZU SPÄT

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Ein starkes Zeichen gegen Analphabetismus

Mosambik ist bitterarm und von seiner Geschichte gebeutelt. Weit weniger als einen Euro pro Tag haben die Familien in der Provinz Sofala, die nur sehr spärlich besiedelt ist, zum Leben. Viele Erwachsene konnten aufgrund des Bürgerkrieges zwischen 1975 und 1992 keine Schulen besuchen, nach wie vor sind rund 40% der Bevölkerung Analphabet·innen. Mehr als die Hälfte davon sind Frauen, auf dem Land ist die Rate noch viel höher.

Die Menschen, die wir begleiten, arbeiten hart, um ihr Überleben zu sichern. Es gibt kaum Möglichkeiten, Geld zu verdienen, und auch die Selbstversorgung ist angesichts des ausgedorrten Landes extrem schwierig. Bildung ist unter diesen Voraussetzungen größter Luxus. Auch für die Kinder, für die die nächstgelegenen Schulen viel zu weit weg sind. Dass dennoch 1.100 Menschen hier fünf Mal pro Woche zusammenkommen, um zu lernen, ist ein starkes Zeichen.

“Was ich hier lerne, kann mir niemand mehr nehmen! Man kann mir alles stehlen, aber was ich im Kopf habe, ist für immer sicher.”

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Marta Simão
– Mutter von 3 Kindern aus dem Dorf Mutica, Teilnehmerin am Alphabetisierungsprogramm –

VOLKSSCHULEN FÜR ALLE

Gemeinsam mit der Partnerorganisation ESMABAMA betreibt Sei So Frei seit 2006 Alphabetisierungskurse in den entlegenen, weit verstreuten Dörfern Sofalas. Hier holen Erwachsene die Volksschulbildung nach und Kinder, für die die Schulen zu weit weg sind, beginnen ihre Ausbildung.

Es ist Montag. Die Gruppe von Lehrerin Jualiza Pedro trifft sich, wie jeden Wochentag, für fünf Stunden zum Lernen unter dem großen Schattenbaum nahe des Dorfes Barada. „Man ist nie zu alt zum Lernen,“ meint sie und an ihren Schülerinnen und Schülern sieht man, dass sie recht hat. Jualiza war heute, wie jeden Tag und viele ihrer Kolleginnen und Kollegen, drei Stunden zu Fuß unterwegs zum Unterricht.

Auch in 27 anderen Dörfern sieht es heute aus wie unter Jualizas Schattenbaum. Rund 40 Lehrkräfte nehmen täglich weite Wege auf sich, um circa 1.100 Erwachsene, zum Großteil Frauen, aber auch Kinder, zu unterrichten. Die Amtssprache Portugiesisch, Mathematik und praktische Unterrichtsgegenstände stehen auf dem Lehrplan. Wirtschaftliche Grundkenntnisse mit Schwerpunkt Landwirtschaft, Gesundheitsthemen wie die Vorbeugung und Behandlungen von Krankheiten werden unterrichtet und wichtige bewusstseinsbildende Themen wie Sexualität, Familienplanung und häusliche Gewalt sind fixe Bestandteile der Kurse.

DIE UMWEGRENTABILITÄT

„Was ich hier lerne, kann mir niemand mehr nehmen! Man kann mir alles stehlen, aber was ich im Kopf habe, ist für immer sicher“, sagt Marta Simão aus Mutica und strahlt. Ihre Lehrerin Jualiza freut sich um nichts weniger. „Es ist ein großes Geschenk für mich, wenn so viele Schülerinnen und Schüler wie möglich die Volksschule erfolgreich abschließen können. Und was ich als Lehrerin verdiene, kommt auch meinen Kindern und Enkeln zugute.“ Damit spricht sie einen wichtigen Aspekt an, nämlich die große Umwegrentabilität der Kurse.

Nicht nur Jualiza kann mit ihrem bescheidenen Gehalt besser für ihre Familie sorgen und auf das lang ersehnte Fahrrad für den weiten täglichen Weg sparen, sondern auch die Schülerinnen und Schüler profitieren im Alltag sofort von ihrer Bildung. Mit dem Wissen, das hier vermittelt wird, können die Frauen zum Beispiel besser einschätzen, was ihre Produkte auf dem Wochenmarkt wert sind. Und mit diesem Einkommen können sie ihre Familien besser versorgen. Manche der Schülerinnen und Schüler schaffen es im Rahmen der „Schule unter dem Schattenbaum“ sogar, bereits nach zwei Jahren die fünfjährige Grundschule abzuschließen. Sie können nach bestandenem Examen weiter in die Schule gehen, wenn sie möchten.

In manchen Dörfern, wie in Massançana, hat die Dorfgemeinschaft extra eine Hütte für den Unterricht gezimmert. Ihre Lehrerin kommt, wie auch viele der Schülerinnen, mit ihrem Baby auf dem Rücken. Uns beeindruckt es bei unseren Besuchen tief, dass so viele Menschen trotz der schweren Haus- und Feldarbeit und trotz widrigster Umstände regelmäßig zum Unterricht kommen und unter einfachsten Bedingungen für ihre Zukunft lernen möchten, um sie aktiv gestalten zu können.

DAS IST ZU TUN.

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Helfen Sie mit!

Dieses Projekt ist ungemein wichtig. Um es aufrecht erhalten zu können, müssen Schulbücher, Tafeln und Kreide zur Verfügung gestellt werden, Gehälter für die Lehrkräfte gezahlt und Weiterbildungsseminare ermöglicht werden. Zudem erhalten die Lehrer·innen auf Wunsch Fahrräder, wobei sie die Hälfte der Kosten dafür monatlich von ihrem Gehalt zurückzahlen. Da der Unterricht im Freien aufgrund des wechselhaften Wetters und regelmäßiger Naturkatastrophen (zuletzt Zyklon „Freddy“ im Frühjahr 2023) immer öfter ausfällt, errichten wir nun erstmals für die am meisten besuchten „Schulen unterm Schattenbaum“ auch einen einfachen, wettersicheren Unterrichtsraum.

Geben wir den Menschen in Sofala die Möglichkeit zu lernen, und sich ein eigenständiges Leben aufzubauen. Ermöglichen wir, dass die „Schulen unterm Schattenbaum“ weiter bestehen bleiben!

Jeder Beitrag hilft!

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Mit 22 Euro schenken Sie den Schüler·innen eines Kurses die benötigten Bücher.
Mit 185 Euro bezahlen Sie eine Tafel und Kreide für ein Jahr.
Mit 1.320 Euro finanzieren Sie das Blechdach für einen wettersicheren Unterrichtsraum.

Der jahrelange Bürgerkrieg machte Mosambik zu einem der allerärmsten Länder der Welt, 2021 belegte es Platz 185 von 191 Ländern im Index der menschlichen Entwicklung. Häufige extreme Wetterereignisse (Dürren, Überschwemmungen, tropische Zyklone) und Überbevölkerung wie auch Epidemien, erschweren das Fortkommen. HIV/Aids betrifft rund 1.5 Millionen Menschen, es ist die häufigste Todesursache im Land. Malaria birgt eine ähnliche Gefahr: Die vergleichsweise wenigen Mücken übertragen beinahe zu 100% Malaria, Mosambik zählt zu jenen vier Ländern mit den höchsten Raten an Malariafällen und Todesfällen weltweit. Dennoch spürt man einen feinen Hauch von Aufschwung. Die extrem hohe Analphabetismusrate sinkt langsam, mittlerweile gehen fast 80% der Kinder zumindest fünf Jahre lang zur Schule, wenn auch vorwiegend in den Städten. Auch die Rate der an Unterernährung leidenden Bevölkerung konnte in den letzten Jahren von über 40 % auf 27 % gesenkt werden. Doch noch immer leiden die Menschen, vor allem in den abgelegenen Regionen, Hunger und Not. // Fläche: 801.590  km2 // Einwohner: ca. 32 Millionen // Amtssprache: Portugiesisch

Dass angesichts so überbordender Armut dennoch so viel Hoffnung zu spüren ist, ist den Menschen zu verdanken. Nach Fluten wird wiederaufgebaut, nach Dürren wird wieder gepflanzt. Aufgeben gibt es nicht. Wobei die Umstände dramatisch sind. Von meist deutlich unter einem Euro pro Tag müssen die Menschen leben. 1,5 Millionen Waisen gibt es in Mosambik und Kinderarbeit ist normal, weil die Familien auf das Geld angewiesen sind, das die Kinder verdienen. Fast 50% der Bevölkerung sind jünger als 15 Jahre, weil Frauen durchschnittlich mehr als vier Kinder bekommen. Es gibt kaum Zugang zu Verhütungsmitteln und nur 6% der Kinder haben eine Geburtsurkunde. Millionen Kinder ohne Dokumente sind Missbrauch, Kinderarbeit, Zwangsverheiratung oder dem Militärdienst ausgesetzt. Dazu kommt, dass nicht einmal jeder zweite Mensch in Mosambik Zugang zu sauberem Trinkwasser hat. Unvorstellbar für uns.

Mosambik ist eine Republik und hat eine schlimme Geschichte. Nach der Unabhängigkeit von Portugal 1975 begann einer der längsten und blutigsten Bürgerkriege Afrikas. Er endete 1992 mit geschätzt einer Million Toten und dem totalen wirtschaftlichen Kollaps des Landes. Die ersten demokratischen Wahlen fanden 1994 statt, bei denen die immer noch herrschende Frelimo-Regierung als Sieger hervorging. Die politische Lage ist nun weitgehend stabil, auch wenn immer wieder Fälle schwerer Menschenrechtsverletzungen gemeldet werden. Die Pressefreiheit ist stark eingeschränkt und gesellschaftliche Probleme wie häusliche Gewalt, Diskriminierung und Missbrauch von Frauen, Ausbeutung, Zwangsarbeit und die hohe Aids-Rate fordern das Land zusätzlich.

Das wirtschaftliche Wachstum, das Mosambik zugestanden wird, gilt nur für Wenige. Der allergrößte Teil der Bevölkerung ist kaum in der Lage, sich ein differenziertes Bild über das eigene Leben zu machen. Zu groß ist die Armut, der Hunger, zu viele Kinder werden geboren und sollen überleben. Mosambik unternimmt jedoch große Anstrengungen, um Kindern Schulunterricht zu ermöglichen, was zu teilweise irrwitzigen Klassengrößen führt. Themen wie Umweltschutz, Grundrechte und Menschenrechte stehen kaum irgendwo im Mittelpunkt. Der Weg zu einem würdigen, selbstbestimmten und freien Leben ist in Mosambik noch recht weit.